So geht das also.

So geht das also.

Ankunft am Shanghai Pudong International Airport.

Das ist er. Mein erster Schritt auf chinesischem Boden. Er fühlt sich gut an, vielleicht ein bisschen unsicher, schließlich habe ich während des Fluges nur eine Stunde geschlafen. Feuchte, warme Luft empfängt mich und die anderen Passagiere des Fluges MU 220 von China Eastern Airlines in Shanghai. Die Luft riecht ein wenig nach Kerosin. Diese Geruchsmischung aus Tropen und Verkehrsflughafen wird mich von jetzt an immer an China erinnern.

Überraschungen

Im gigantischen Gebäude des Shanghai Pudong International Airports werde ich von einer Halle in die nächste geschleust. Jede Halle hält eine Überraschung bereit. Mal ist es bitterkalt, weil klimatisiert, mal treffe ich auf eine Wand aus feuchtwarmer Tropenluft. Da es in Shanghai sieben Uhr morgens ist, hält sich das Gewusel am Flughafen in Grenzen: Die erwarteten Menschenmassen bleiben aus. Nach der Passkontrolle, bei der mir der Grenzbeamte mit einem halbherzigen Lächeln versichert, dass mein China-Visum “bu cuo”, also “nicht schlecht” (und damit gut) ist, trotte ich, behängt mit Kameratasche, Laptoptasche und kleinem Rucksack, zum Gepäckband. Meine 30 Kilo, die für ein Jahr ausreichen müssen (als ob man in China nichts kaufen könnte …), lassen auf sich warten. Um die Wartezeit zu verkürzen, hole ich mir erst mal Geld.

不错!Nicht schlecht!

Drei Minuten chinesisch-militärische Effizienz später halte ich 2200 Yuan (oder RenMinBi, RMB) in Händen und fühle mich steinreich. Zwei-tausend-zwei-hundert! Mal sehen, was sich damit alles in Shanghai anstellen lässt! Als ich der Dame am Wechselschalter zum Dank ein “Have a nice day” entgegenschmettere, ist sie ernsthaft überrascht, ringt sich aber doch noch ein Lächeln und ein genuscheltes “Thank you” ab – bevor sie sich wieder in ihr Smartphone vertieft.

Ungerecht!

Koffer und Rucksack sind in der Zwischenzeit … NICHT angekommen. Am Schalter für Baggage Inquiries treffe ich auf eine sehr hilfsbereite junge Chinesin in einem adrettem hellblauen Kostüm, die mir auf mein gestammeltes chinesisches “Ich habe eine Frage” direkt auf englisch antwortet. Mein Gepäck wurde mit einem späteren Flug von Frankfurt aus nach Shanghai geschickt. Es durfte sogar mit der Lufthansa fliegen! Wie ungerecht! Obwohl die Kartoffelknödel mit Gulasch und Rotkohl bei China Eastern Airlines schwer zu toppen gewesen sein dürften …

Mein Handgepäck hat sein Gewicht in den letzten Stunden wie von Zauberhand auf gefühlte 30 Kilo verdoppelt.  Damit bepackt und noch immer ohne Koffer und Rucksack, passiere ich die Zollkontrolle. Man rät mir, den Bus zu Terminal zwei zu nehmen. Ich finde ihn nicht und absolviere zu Fuß die 10 Kilometer, die in Wirklichkeit wahrscheinlich höchstens ein Zehntel so lang waren.

Loriot erblasst vor Neid

Der Informationsschalter an Terminal zwei ist nicht besetzt. Oder doch? Nach einer Weile kann ich zwei schwarze Haarschöpfe erkennen, die sich, geschäftig über irgendetwas gebeugt, hinter dem Tresen versteckt haben. Sicher keine Absicht. Ich störe eine der Damen beim Make-up-Auflegen und bekomme nur pampige Antworten. Auf meine abschließende Frage, ob ich noch mal zu ihr kommen könnte, sollte ich mein Gepäck nicht finden, bekomme ich einen entsetzten Gesichtsausdruck und ein empörtes “No-ho?!” serviert. Loriot hätte die Szene nicht besser schreiben können. Ich schiebe das Ganze auf Verständigungsprobleme und lege es in meinem Erfahrungsordner unter Missverständnisse ab.

No-ho?!

Nur ein paar Meter weiter werde ich von einem freundlichen und überaus ambitionierten Flughafenmitarbeiter in gelber Warnweste angesprochen. Er fragt, ob ich Hilfe benötige, und winkt vorsichtshalber schon mal seinen Kollegen heran – könnte ja sein, dass die Ausländerin wirklich ein Problem hat. Ich schaffe es, auf chinesisch zu erklären, dass mein Gepäck in einem anderen Flugzeug gesessen hat als ich und ich nicht weiß, wo ich es abholen kann. Die gelbe Warnweste freut sich, denn sie weiß Rat. Einfach diese Nummer hier anrufen! Gesagt, getan. Keine Antwort. Dann: besetzt. Ich habe Zeit. Es ist erst 9 Uhr morgens und das Hostel hat 24 Stunden lang geöffnet.

Nur für Personal

Meine Rettung entdecke ich dann in Form einer kleinen Sicherheitsbeamtin. Sie steht an einem kleinen Pult und wirkt etwas verloren zwischen dem bunten Burger-King-Eingang und der riesigen Werbung für grässlich bunte Männersakkos einer skandinavisch klingenden Marke, von der ich noch nie zuvor etwas gehört habe. Die Sicherheitsdame begrüßt jeden ankommenden Flughafenmitarbeiter mit militärischem Drill und zackigem Gruß, nuschelt ein schüchternes “Zao shang hao” hervor (Guten Morgen) und zieht die Kärtchen der Kollegen über einen Empfänger. Biep. Eine Putzfrau eilt durch die Tür. Biep. Biep. Ein Arzt (oder Handwerker? Schwer zu sagen anhand des Köfferchens) und ein Mann in Anzugshose und Hemd werden durchgelassen. Shit. Ich hab natürlich keine Karte. Und über dem Pult steht auch ganz klar: STAFF ONLY. Nur für Personal. Was jetzt?

Nachdem ich eine Weile bedröselt herumgestanden bin und das Security-Prozedere bereits genauestens kenne, wage ich mich ins Gefecht. Die Sicherheitsbeamtin mit ihrer schicken Mütze spricht gut Englisch und weist mich an, die Nummer nochmal anzurufen. Ich halte ihr das Handy ans Ohr. Sie ringt mit sich. Dann lässt sie sich meinen Reisepass zeigen und Schwupps, stehe ich in der Sicherheitskontrolle für Mitarbeiter. So geht das also. Glücklich laufe ich zum angekündigten Gepäckband und warte noch einmal gemütliche zwei Stunden auf meine zwei Nachzügler aus Frankfurt. Nach der zweiten Zollkontrolle (bei der ich wieder nicht kontrolliert wurde), laufe ich schnurstracks zum Airport-Bus, Linie zwei. Sie bringt mich nach Shanghai. Ni hao, ihr 23 Millionen Shanghainesen, ich kooooommeeee!

Und hier noch mein erstes Bild für euch aus Shanghai:

DSCF0134

Wo ich diese beiden adretten Damen mit ihren verwöhnten Hunden getroffen habe, erfahrt ihr bald hier auf dem Blog 🙂

(zb)

2 Gedanken zu „So geht das also.

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